Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Schreiben? Ja. Aber wie?
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Ruth
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Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Ruth »

Es ist eine uralte Diskussion, und es gibt scheinbar keine Antwort darauf. Im Deutschen nennt man Leute, die plotten, Kopfschreiber. Und diejenigen, die es nicht tun, Bauchschreiber. Am Ergebnis kann man beide kaum je unterscheiden, doch der Prozess des Schreibens ist ein völlig anderer.

Ein Plot ist im Prinzip so eine Art erweiterte Inhaltsangabe. Das heißt, man legt von vornherein fest, was in jedem Kapitel oder auch in jeder Szene passieren soll. Bis zum Ende. Man schreibt das Buch also sozusagen schon einmal in Kurzform, bevor man es in Langform ausformuliert, mit allen Dialogen und Details.

Man könnte das ein bisschen mit der Stenografie vergleichen, die im Deutschen auch Kurzschrift heißt. Im Gegensatz zur Langschrift, die die in Buchstaben ausgeschriebenen Wörter und Sätze im Text darstellt, die jeder in der Schule lernt. In Steno lernt man Zeichen, die nur Teile eines Buchstabens oder mehr als einen Buchstaben darstellen, ganze Silben oder Wörter.

Eine Kollegin von uns, eine Autorin, hat dazu sehr schöne Videos gemacht: https://youtu.be/TG45RYKgT2Q Wer sich also dafür interessiert, kann dort einmal reinschauen. Früher war Steno sehr verbreitet, jede Sekretärin konnte es, auch Studenten, die bei Vorlesungen mitschreiben mussten, fanden es sehr nützlich. Heutzutage bekommt man alles digital oder man nimmt es als Audiodatei auf, aber ich kann mich noch sehr gut an den Stenoblock meiner Mutter erinnern.

Dennoch habe ich nie Steno gelernt, dafür das Tippen von Buchstaben in einen Computer, was nach den vielen Jahren, die ich es tue, ebenfalls so schnell geht wie Steno.

Leider ist einen Plot zu schreiben nicht ganz so einfach, denn im Gegensatz zu einem Diktat, das man mit Steno niederschreibt, wird einem die Geschichte nicht diktiert. Man muss sie sich erst einmal ausdenken.

Bis zu diesem Punkt sind Plotter und Nicht-Plotter gleich. Sich eine Geschichte auszudenken bedeutet, erst einmal eine Idee zu haben, die Figuren zu erfinden, sich Szenen mit ihnen vorzustellen, die die Idee entwickeln, und daraus eine Geschichte zu machen. Eventuell muss man auch noch Hintergrundinformationen recherchieren, die man für die Geschichte braucht.

Doch beim Recherchieren geht es schon los. Da scheiden sich bereits die Geister.

Plotterinnen recherchieren meist sehr viel im Voraus. Sie haben eine Idee, und dann versuchen sie, diese Idee mit Informationen zu untermauern, sich quasi ein Fundament zu schaffen, wie wenn man ein Haus baut.

Angenommen, eine Geschichte soll in Kanada spielen (weil wir jetzt gerade so etwas im Romanforum haben), dann wird erst einmal über Kanada recherchiert, über die Leute, das Wetter, die Landschaft, möglicherweise auch die historische Entwicklung oder was einem vielleicht sonst noch so in den Sinn kommt.

Im Gegensatz dazu fängt eine Nicht-Plotterin gleich an zu schreiben, kaum dass sie die Idee hat. Meistens hat man schon eine Figur und eine Szene im Kopf, irgendeinen Anfang, und dann legt man ohne groß nachzudenken los.

Deshalb fällt es Nicht-Plotterinnen oft leicht, Anfänge zu schreiben. Denn der Anfang ist immer schon da. Nicht aber die ganze Geschichte oder das Ende.

Um in dem Bild mit dem Haus zu bleiben: Wenn man nicht plottet, fängt man gleich mit der Haustür oder einem Zimmer oder der Treppe an, nicht unbedingt mit dem Fundament, auf dem das dann zum Schluss alles stehen soll. Das fügt man später während des Schreibens hinzu. Wenn man etwas wissen will, googelt man es schnell, wenn man an der Stelle ist, statt es im Voraus zusammenzusammeln.

Bei einem Haus wäre das absoluter Schwachsinn, denn man muss mit dem Fundament anfangen. Ohne das geht es einfach nicht. Man kann nicht einfach eine Tür oder ein Fenster oder einen ersten Stock in die Luft setzen.

Anders beim Schreiben. Man kann im Prinzip anfangen, wo man will. Mit dem Anfang, mit dem Ende, mit der Mitte. Mit irgendeiner Szene. Das ist völlig egal. Denn man kann zum Schluss alles wie Legoteile zusammensetzen, Szenen und Kapitel verschieben.

Ich könnte beispielsweise das Beat Sheet, von dem hier schon so viel die Rede war, nehmen und mit irgendeiner Szene anfangen, sogar mit Dark Night of the Soul. Warum nicht? Als allererste Szene schreibe ich den Punkt der größten Verzweiflung in der Geschichte. Das ist ziemlich kurz vor dem Ende, aber wenn mir diese Szene als erste einfällt, kann ich die durchaus hinschreiben, ohne einen Anfang oder alles, was davor passiert ist.

Wenn man keine Plotterin ist, würde man das jedoch vermutlich nicht machen. Man könnte es gar nicht. Weil man die Geschichte beim Schreiben plottet und somit erst dann wüsste, was in dieser Szene überhaupt passiert. Worauf die Verzweiflung beruht, wie weit die Beziehung der beiden Liebenden bis dahin gediehen ist und welche Konflikte sie bis hierhin hatten.

Als Bauchschreiberin plotte ich auch, aber ich plotte während des Schreibens, nicht vorher und nicht davon abgetrennt. Ich mache sozusagen zwei Sachen auf einmal, plotten und schreiben. Oder schreiben und dadurch plotten.

Das heißt also, die Frage ist gar nicht so sehr Plotten oder nicht, sondern es geht um die Art des Plottens. Plottet man vor dem Schreiben oder während des Schreibens?

Denn Plotten tun wir alle, nur auf unterschiedliche Weise.
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Steffi
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Steffi »

Da Du gerade Kanada erwähnt hast, fühle ich mich natürlich sofort angesprochen. 🙂 Ja, es stimmt. Wie man im Brainstorming zu meinem Roman sieht, war ich am Anfang noch nicht einmal sicher, dass es Kanada sein würde. Es hätte auch Australien oder vielleicht Südamerika sein können. Einfach ein Land, in dem es viele unbebaute Gebiete, Wildnis und Einsamkeit gibt.
Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr kristallisierte sich jedoch Kanada als der ideale Hintergrund für meine Geschichte heraus. Und jetzt kommen sogar Bären darin vor. 😉 Das hätte ich am Anfang gar nicht gewusst, deshalb hätte ich darüber auch gar nicht recherchieren können.
Ich frage mich immer, wie Plotterinnen das machen. Man weiß das doch alles nicht im Voraus. Erst während des Schreibens merkt man, was alles vorkommen könnte. Oder was dann eben in einer Szene vorkommt. Wie kann ich das wissen, ohne die Szene geschrieben zu haben?
Du hast sicher recht. Was das Plotten an sich angeht, tun wir es alle. Zumindest wenn eine ordentliche Geschichte dabei herauskommen soll. Aber trotzdem könnte ich eine Geschichte nie im Voraus bis ins letzte Detail plotten.
Mit der Vorlage von Gwen Hayes hat man ja auch schon so eine Art Plot, den man dann nur noch füllen muss. Aber das ist sehr, sehr wenig, was da vorgegeben ist, eigentlich nur so eine Art roter Faden. Alles andere muss man beim Schreiben hinzufügen. Dennoch finde ich den roten Faden sehr hilfreich, wenn ich steckenbleibe. Denn manchmal hätte ich da ohne Gwen Hayes nicht weitergewusst.
Am Anfang war ich ja sehr skeptisch, was Gwen Hayes und damit doch eine gewisse Art des Plottens betrifft, aber jetzt bin ich doch sehr froh darüber. ☺️
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Kay
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Kay »

Du bist ja echt der Hammer, Ruth. 8-) Ich habe mir das Video angeschaut und habe jetzt richtig Lust gekriegt, Steno zu lernen. :lol:

Ja, das Plotten ... Ein uralter Streit. Aber eigentlich auch kein Streit, denn im Grunde ist es eine Geschmackssache. Und über Geschmack kann man nicht streiten. Jeder hat eben einen anderen. Vielleicht ist es auch eine Frage der unterschiedlichen Begabungen. Manche Leute brauchen ein Fundament, auf dem sie aufbauen können, andere greifen sich das, was sie brauchen, aus der Luft, wenn sie es brauchen.

Wobei ich mit Luft vor allem das Internet meine. Früher war es nicht so einfach, mal schnell etwas nachzusehen, aber heute kann man alles schnell googeln und es gibt Wikipedia. Dadurch wird das Schreiben viel einfacher und jede Art von Schreiben unaufwendiger. Zumindest für einen Roman. Ein Sachbuch sollte nicht allein durch das Internet unterfüttert werden, sondern auch durch eigenes Fachwissen. Aber das ist wieder eine ganz andere Diskussion. :)
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Sina
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Sina »

Das mit dem Steno ist sehr lustig. 😄 Ein Plot ist ein Buch in Steno. Muss ich mir merken. 😉 Wenn ich nicht zu el!es gekommen wäre und dadurch nicht ins Schreibforum gekommen wäre, hätte ich nie etwas von Gwen Hayes gehört und auch nicht danach gesucht. Es fiel mir am Anfang auch sehr schwer. Ich konnte es mir nicht vorstellen. Aber jetzt geht es mir wie Steffi. Es ist ein roter Faden, den ich nicht mehr missen möchte. Obwohl ich auch immer wieder davon abweiche. Manchmal verlangt die Geschichte das, und dann lasse ich mir da auch nichts vorschreiben.
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Hanna
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Hanna »

Plotten oder nicht ist eine Frage, die man sich erst stellt, wenn etwas nicht funktioniert und man nach Lösungen sucht. 😯 So ging es mir jedenfalls. Ich habe nie geplottet, habe einfach angefangen und vor mich hingeschrieben, bis das Buch fertig war. Aber so zu schreiben kann auch sehr anstrengend sein, denn man weiß nie genau, wo in der Geschichte man sich befindet. Das weiß man erst, wenn man am Ende ist. Dann kann man zurückgehen und eventuell gewisse Szenen einem gewissen Stand in der Geschichte zuordnen. Aber niemals im Voraus.

Deshalb habe ich nach einer Alternative gesucht. Und vielleicht verwende ich in meinem nächsten Roman dann mal den roten Faden, den schon einige hier verwenden. Ausprobieren werde ich es auf jeden Fall. Allerdings habe ich im Moment keine Idee, mit der ich das ausprobieren könnte. Die muss ich auch erst mal finden. 😏
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Angela
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Angela »

Hm. Wenn ich die Diskussion hier jetzt so sehe, habe ich das Gefühl, ich habe mit meinem LLP-Roman einen großen Fehler gemacht. Denn der ist so weit von Gwen Hayes entfernt, wie es nur irgend geht. Nicht absichtlich. Das hat sich so ergeben, weil das eine sehr alte Idee war, die ich für den Roman aufgenommen habe, und die mir dann durch das Brainstorming auch machbar erschien. Mit dem fertigen Roman war ich aber nie zufrieden, auch wenn ich ihn für den LLP eingereicht habe. Jetzt überlege ich, ob ich die Idee zwar behalten, aber so richtig mit dem Bagger über den Roman gehen soll, alles umkehren und neu aufbauen. Mit mehr Struktur, entweder durch Gwen Hayes oder durch die klassische Methode der Virtuellen Romanwerkstatt von Dir, Ruth. 🤔
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Ruth
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Ruth »

Das kannst Du ganz individuell entscheiden. Wie Kay schon sagte: Geschmäcker sind verschieden, aber beide Methoden führen zum Ziel. Du musst da auch ein bisschen nach Deinem Gefühl gehen. Was fühlt sich für Dich gut an?

Ich stimme Dir zu, dass Dein LLP-Roman einiges an Überarbeitung benötigt. Aber ob man ihn wirklich ganz von oben nach unten drehen muss oder umgekehrt, das weiß ich nicht. Beziehungsweise ich würde sagen, es sind so gute Sachen darin, dass die eventuell innerhalb des Buches an eine andere Stelle verschoben werden sollten, aber nicht gestrichen oder ganz auf den Kopf gestellt. Einiges muss umgeschrieben werden, damit es dann danach wieder passt. Aber die Geschichte an sich ist gut und von der Idee her auch ziemlich neu. Also daran würde ich nichts ändern. 😎

@Sina @Steffi
Bei Euren beiden Romanen, die gerade im Romanforum entstehen, sieht man die Vorteile von Gwen Hayes sehr gut. Und beide habt Ihr das früher nicht gemacht, sodass man auch die Unterschiede sieht.

Für mich persönlich hat es jetzt noch nicht geklappt, dass ich Gwen Hayes wirklich einsetzen konnte, weil meine Geschichten da einfach nicht so richtig zu passen scheinen. Aber das liegt nicht an Gwen Hayes, das liegt an mir. ☺️ Ich gehe praktisch immer nach meinem Gefühl vor. Und mein Gefühl sagt mir, was jetzt als nächstes kommen muss. Ob es eine aufregende oder eine ruhige Szene sein muss, ob es eine liebevolle oder eher eine konfliktgeladene Szene sein muss, ob es am Ende der Szene oder des Kapitels eine Versöhnung oder einen Knall geben muss.

Der Plot stimmt dann zum Schluss auch, aber das funktioniert für mich eher wie bei einer Perlenkette, auf der man eine Perle an die andere reiht, als wie ein Legobaukasten, bei dem man zuerst das Fundament des Hauses oder der Brücke baut, bevor man oben dann die anderen Steine aufsetzt.
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Laura
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Laura »

Die Diskussion wird wirklich nie alt, das ist wahr. 🙂 Aber das liegt wohl auch daran, dass wir uns gegenseitig so schlecht in die Welt eines anderen versetzen können. Wir gehen immer nur von unserer eigenen Perspektive aus.

Mir geht es genauso, wie Du es beschrieben hast, Ruth. Ich habe meistens eine erste Szene, mit der ich anfange. Oftmals inspiriert durch eine Figur, die ich mag. Eine Frau, die ihre Stärken und Schwächen hat. Sie sehnt sich nach Liebe, hat sie aber noch nicht gefunden. Oder wieder verloren. Sucht nach einer neuen Liebe.

Deshalb habe ich auch ein bisschen Probleme mit Gwen Hayes. Für mich gibt es eine Hauptfigur, nicht zwei. Ich weiß nicht, wie ich aus der Perspektive zweier Figuren schreiben soll. Ich habe es versucht, aber es gelingt mir nie so richtig. Ich finde es unnatürlich. Wenn ein Buch von einem Kapitel zum anderen die Perspektive von einer Frau zur anderen wechselt, irritiert mich das. Wenn es sogar noch mehr als zwei Perspektiven sind, lese ich das Buch wahrscheinlich nicht, weil es mich nervt. Aber schon zwei Perspektiven finde ich gewöhnungsbedürftig.

Wenn ich eine Geschichte erzähle, erzähle ich sie aus der Perspektive einer Person. Deren Gedanken kann ich hinschreiben, aber die Gedanken einer anderen Person kann sie höchstens vermuten. Und damit kann sie richtig oder falsch liegen. Das weiß man erst, wenn die andere Person spricht, weil ich nicht in ihren Kopf sehen kann.

Bei Gwen Hayes ist die Voraussetzung, dass man aus beiden Perspektiven schreibt. Es gibt H1 und H2. Und jede Person hat dieselbe Wertigkeit, jede ist gleich wichtig. Das entspricht nicht der Realität, in der man von anderen nur das weiß, was sie einen wissen lassen wollen.
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AnneW
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von AnneW »

Das könnte jetzt natürlich in eine Diskussion ausufern, ob die Realität das ist, was wir abbilden sollten. Oder auch nur wollen. 😉 Ob es nicht eher unsere Aufgabe als Schriftstellerinnen ist, etwas zu erschaffen, das genau diese Realität eher außen vor lässt. Das unseren Leserinnen etwas gibt, was sie in der Realität nicht finden. Das Versprechen von Liebe, das auch eingelöst wird. Traumfrauen, die zu Geliebten und Ehefrauen werden. Liebe, die nicht nur gegeben, sondern auch erwidert wird.
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Katja
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Katja »

Ja, schon, Anne. Ich gebe Dir absolut recht. Aber plotten oder nicht plotten hat zuerst einmal nichts mit der Realität beziehungsweise der Abbildung der Realität zu tun. Eine Geschichte ist eine Geschichte.
Die Frage ist: Wie erzählt man sie? Indem man sie wie in einer alten Lavalampe aufquellen lässt, die Wolken entstehen lässt, wie sie kommen? Oder indem man sie sozusagen wie eine Lasagne aufbaut, erst die eine Schicht, dann die nächste? Und das alles nach einem festen Rezept.
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Kay
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Kay »

Interessanter Vergleich: Lavalampe gegen Lasagne. Der Wettkampf der Giganten. 😄 Aber darauf läuft es tatsächlich hinaus, wie mir scheint. Was Ruth beschreibt, diese Perlenkette, das ist das, wie es viele von uns empfinden.

Man schreibt eine Szene, in der Szene entwickelt sich etwas, ein Gefühl, ein Konflikt, eine Atmosphäre von Gut oder Böse, was auch immer, und am Ende der Szene ist man dort, in diesem Gefühl, diesem Konflikt, dieser Atmosphäre, und überlegt sich, wie es weitergeht. Was wird wer als nächstes tun? Was muss getan werden? Was muss passieren?

Und dann geht es mit der nächsten Szene weiter, die diese Fragen beantwortet. An deren Ende sich aber die nächsten Fragen stellen. Dieselben wie zuvor, nur ausgehend von einer jetzt vielleicht veränderten Konstellation. So geht es weiter bis zum Schluss, wo dann alle Fragen beantwortet sein müssen.
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Steffi
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Steffi »

Laura hat geschrieben: Dienstag 23. August 2022, 17:30 Wenn ich eine Geschichte erzähle, erzähle ich sie aus der Perspektive einer Person. Deren Gedanken kann ich hinschreiben, aber die Gedanken einer anderen Person kann sie höchstens vermuten. Und damit kann sie richtig oder falsch liegen. Das weiß man erst, wenn die andere Person spricht, weil ich nicht in ihren Kopf sehen kann.
So habe ich auch gedacht. Ich verstehe Dich sehr gut.

Aber es ist tatsächlich einfacher, aus zwei Perspektiven zu schreiben. Aus noch mehr Perspektiven vielleicht sogar noch einfacher, dann muss man sich überhaupt keine Gedanken mehr über Show don't tell oder ähnliches machen, aber bleiben wir mal bei zwei, weil das in Liebesromanen reichen sollte. Ich mache das im Moment ja auch sehr konsequent nach Gwen Hayes, und ich muss sagen, es erleichtert vieles.

Man schreibt ein Kapitel aus einer Perspektive, dann das nächste aus der Perspektive der anderen Person, und das erklärt dann wieder einiges, was im vorigen Kapitel war. Weil die Reaktionen der Person, die im vorigen Kapitel nicht die Perspektive hatte, dann die Reaktionen der Person sind, die jetzt die Perspektive hat und weiß, warum sie das getan hat. Oder ob das stimmt, was die andere nur vermutet hat.

Ich gewöhne mich langsam daran, und ich muss sagen, ich glaube, ich werde dabei bleiben, denn wie ich sagte: Es ist einfacher. Aus nur einer Perspektive zu schreiben ist viel, viel schwieriger, denn dann muss man Show don't tell wirklich gut beherrschen. Und das können viele nicht.
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Sina
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Sina »

Da kann ich Dir nur zustimmen, Steffi. Auch ich entdecke die Vorteile von Gwen Hayes erst jetzt mit der Zeit, aber in meinem aktuellen Roman - das seht Ihr ja im Romanforum - ziehe ich das auch konsequent durch. Als ich das noch nicht getan habe, bin ich manchmal an meine Grenzen gestoßen. Ich wollte der Leserin sagen, was die andere Person denkt - oder vielleicht war sie in einer ganz anderen Stadt, und ich wollte zeigen, was sie erlebt -, und das ging nicht, solange ich nur eine Perspektive hatte.
Also habe ich dann vielleicht kurzfristig eine zweite Perspektive eingeführt, weil es einfach sein musste, aber das war nicht konsequent und das war nicht strukturiert. Eine Struktur zu haben, nach der man vorgehen kann, ist viel besser, bringt mehr Sicherheit und Stabilität ins Schreiben. Das klingt vielleicht jetzt komisch, aber so empfinde ich es.
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Ruth
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Ruth »

Das klingt überhaupt nicht komisch, Sina. ☺️ Als ich noch eine junge Autorin war, erst ein paar Jahre geschrieben hatte, so wie Du jetzt, ging es mir genauso. Ich schrieb aus dem Bauch heraus, und mir fehlte eine klare Linie. Nach einer Weile, dem zehnten, elften, zwölften Buch, wurde es sehr anstrengend, sich immer wieder neue Geschichten auszudenken, weil es fast war, als würde ich jedes Mal das Schreiben neu lernen, müsste jedes Mal wieder von null anfangen.

Zu dem Zeitpunkt habe ich dann meinen ersten Drehbuchkurs gemacht. Und danach noch einige weitere. Denn Drehbücher sind genau das, worüber wir hier jetzt sprechen: Beats und Storyboards. Man setzt eine Story wie einen Cartoon zusammen, ein Bild nach dem anderen. Und diese Bilder werden von vornherein festgelegt.

Das war mir alles zu viel Fesselung, aber ich habe trotzdem damals sehr viel in diesen Kursen gelernt. Denn es gab eine eindeutige Linie. Was mir vorher immer gefehlt hatte.

Vielen Bauchschreiberinnen geht es ebenso. Die ersten Bücher sind noch relativ leicht. Da hat man die Geschichten im Kopf. Man schreibt sie einfach nur auf. Aber wenn man dann mehr tun will, professionell schreiben will, dann kann man das oft nicht, ohne professionelle Werkzeuge zu haben. Es gibt sehr viele Autorinnen, die ein paar Jahre lang jedes Jahr ein Buch schreiben, und plötzlich ist Schluss. Sie sind wie ausgebrannt. Dann kommt nie wieder etwas.

Bei vielen Autorinnen geschieht das nach dem siebten Buch. Das siebte Buch scheint so eine Art Meilenstein zu sein. Sieben Bücher schaffen viele, aber ein achtes, neuntes, zehntes (oder mehr) schaffen nur wenige. In vielen Schreibratgebern wird behauptet, man braucht sieben Bücher, um überhaupt das Schreiben zu lernen, um ein wirklich gutes Buch zu schreiben. Wenn man es bis dahin nicht geschafft hat, hört man auf.

Und meine Erfahrung bestätigt das zum Teil. Sieben Bücher sind wie eine Art Test, den man bestehen muss. Das ist die Prüfung für die nächste Stufe. Die viele nie erreichen.

Man kann durchaus stolz auf sich sein, wenn man es geschafft hat, sieben Bücher zu schreiben. Vor allem, wenn es lesbare Bücher sind, nicht einfach nur Gekritzel. Aber wenn man danach aufhört, beweist man damit, dass man das Level - wie man in einem Spiel sagen würde - doch nicht geschafft hat. Denn wenn man das Level schafft, schreibt man weiter und kommt auf zehn, zwanzig, dreißig oder mehr Bücher, nicht nur auf sieben.

Und genau dabei, diesen Test zu bestehen, kann so etwas wie Romancing the Beat von Gwen Hayes sehr helfen, wie ich finde. Denn wenn man sich nach dem siebten Buch ausgebrannt fühlt, keine Ideen mehr hat, kein Buch mehr zustandebringt, braucht man einen neuen Anstoß. Und der kann darin bestehen, dass man von der Lavalampe zu Lasagne wechselt wie zu einem neuen Lieblingsgericht. 😎

Danke, Katja, für diesen wunderbaren Vergleich. 🤗
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Sina
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Sina »

Oh, da habe ich ja noch ein bisschen was zu tun. Ich bin erst bei meinem fünften Buch. Das noch zu Ende schreiben und noch zwei weitere, dann bin ich erst bei sieben. Und das Level geschafft habe ich erst frühestens beim achten. Puh! 😧
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Hanna
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Hanna »

Tröste Dich, Sina, Du bist nicht allein. 🙂 Ich habe auch erst vier Romane. Und einen Kurzroman. Also könnte man sagen, viereinhalb. Der vierte Roman (ohne den Kurzroman) erscheint erst nächstes Jahr. Und mir fälllt absolut nichts für einen fünften ein. Während Du eifrig an Deinem fünften schreibst. Gilt ein halber auch, Ruth? 😎 Also zählst Du Kurzromane zu den sieben Romanen dazu?
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Ruth
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Ruth »

Du bist wirklich witzig, Hanna. 😄 Bei Dir müsste man ganz anders zählen. Du hast vor langer Zeit mal Deinen ersten Roman bei el!es veröffentlicht, dann viele, viele Jahre nichts, dann 2016 den Kurzroman, ein paar Jahre nichts, und erst 2020 hast Du wieder richtig angefangen. 2020, 2021 und 2022 jeweils einen Roman. Wobei der letzte allerdings erst 2023 erscheint, aber das Manuskript liegt ja schon bei uns. Das zählt alles. 😎 Und in gewisser Weise sogar doppelt, weil Du nach so langer Zeit wieder angefangen hast. Das zeigt, dass Deine Geschichten noch nicht aufgebraucht sind. 😉
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Hanna
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Hanna »

Doppelt? Das heißt, dann sind es neun? Dann habe ich das Level ja geschafft! 😄
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Kay
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Re: Wie schreibt man einen Roman? - Plotten oder nicht?

Beitrag von Kay »

Das hast Du ganz sicher. Weil Du nämlich ganz tolle Bücher schreibst. ☺️ Es geht ja nicht nur um Quantität, sondern auch um Qualität. Meiner Meinung nach sollte das auch zählen. Es gibt Bücher, die sind bei weitem nicht so gut wie Deine. Viele, viele Bücher. Also wenn man nur von der Zahl ausgeht, das sagt nicht viel aus.

Mein Roman für den Jubiläums-LLP war mein fünfter. Aber zwischen den meisten meiner Bücher lagen Jahre. Nach so vielen Jahren wieder anzufangen war viel schwieriger, als wenn ich alle Romane am Stück geschrieben hätte. Das weißt Du ja selbst. Es ist schwer, dann wieder reinzukommen. Vor allem, wenn man dann auch noch Fortsetzungen schreibt. Was ich ja getan habe.

Dennoch bin ich froh, dass ich das getan habe und dass ich wieder reingekommen bin. Denn jetzt macht es mir wieder Spaß zu schreiben, während ich vorher tatsächlich dachte, das hätte sich für mich erledigt. Man sollte also nie nie sagen. 😎
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