Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

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Hanna
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Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Hanna »

Das ist ja ein sehr interessanter Artikel, den Du da heute auf Deiner persönlichen Webseite geschrieben hast, Ruth. 😎

Mir geht es ähnlich. Vielleicht nicht ganz so schlimm wie Dir, aber durchaus ähnlich. Was ist das bloß, dass Anfänge so leicht sind und das Ende ist so schwer? Wäre es besser, das Ende zu kennen, bevor man anfängt? Würde das die Sache erleichtern?

Jetzt, da ich bei der Überarbeitung meines LLP-Romans bin, weil er nächstes Jahr erscheinen soll, kenne ich das Ende (und muss die Geschichte auch nicht mehr erfinden, sie ist ja schon da) und denke mir, wenn das von Anfang an dagewesen wäre, wäre es einfacher gewesen.

Aber hätte ich das Buch dann so geschrieben, wie ich es geschrieben habe? 🤔

Inwieweit hat die Tatsache, das Ende nicht zu kennen, Einfluss auf die Art des Buches, auf die Ausführung? Darauf, wie die Geschichte zum Schluss aussieht und abläuft?
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Laura
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Laura »

Das frage ich mich auch manchmal. Besonders bei einer Überarbeitung fällt der Unterschied sehr auf, da stimme ich Dir zu, Hanna. Auch ich bin ja dabei, meinen LLP-Roman fürs nächste Jahr zu überarbeiten.

Wirklich ein sehr interessanter Artikel, Ruth. :) Wobei ich sagen muss, dass mir die Frage, die Du am Ende stellst, einiges Kopfzerbrechen bereitet. Kann man eine Geschichte offenlassen und sie ist trotzdem noch spannend? Worauf beruht die Spannung dann?
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Ruth
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Ruth »

Auf der Geschichte an sich, würde ich sagen. :) Und natürlich auf den Figuren. Die Figuren machen die Geschichte, das ist und bleibt so. Sind die Figuren interessant, ist die Geschichte interessant. Sind die Figuren langweilig, banal, alltäglich, ist auch die Geschichte langweilig, banal und alltäglich.

Ich habe jetzt gerade meinen neuen Roman Nur über meine Leiche abgeschlossen, und das hat mich dazu veranlasst, diesen Artikel zu schreiben. Es war wirklich eine ziemlich schwere Geburt. ;)

Übrigens: Falls jemand wegen des Titels denkt, das ist ein Krimi, es ist keiner. 8-) Es ist ein lupenreiner Liebesroman ohne jegliche Krimianteile.

Hätte ich den Roman anders geschrieben, wenn ich das Ende von Anfang an gekannt hätte? Ja, das ist immer die Frage. Die ich mir bis jetzt auch noch nicht beantworten konnte. Denn wie soll man das testen?
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Hanna
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Hanna »

Das wüsste ich allerdings auch nicht. Man kann ja nicht ein Buch mal ohne dass man das Ende kennt und dann noch einmal mit der Kenntnis des Endes schreiben. Außer man schreibt dasselbe Buch dann bei der Überarbeitung ganz neu. Aber dann ist ja nicht nur das Ende, sondern auch schon die ganze Geschichte da.

Aber ich muss jetzt mal fragen, Ruth: Ist das Buch, das Du jetzt beendet hast, das Buch, das Du im April angefangen hast? Darüber hattest Du hier ja mal geschrieben. Unter "Ein neuer Roman ist immer ein gutes Gefühl". Was bedeutet: Der Anfang ist ein gutes Gefühl. Das Ende aber, Deinem heutigen Artikel nach, nicht so.
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Ruth
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Ruth »

Ja, stimmt. Das ist das Buch. :D Wenn das Ende geschrieben ist, ist es natürlich auch ein gutes Gefühl. Allein schon diese vier Buchstaben ENDE darunter zu schreiben. Aber bevor das Ende geschrieben ist, das ist wirklich wie die Schmerzen einer Geburt. Die reine Qual.
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Laura
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Laura »

Sehe ich das richtig? Du hast jetzt gerade mal gut drei Monate für das Buch gebraucht? Wow! Das ist beeindruckend. :o
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Ruth
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Ruth »

Meine Statistik, die ich ja immer führe, sagt, ich habe exakt 38 Tage für das Buch gebraucht. Das sind die Tage, an denen ich tatsächlich an dem Buch geschrieben habe. Aber wenn man das mit den gut drei Monaten vergleicht, sieht man, wie viele Tage ich nicht an dem Buch geschrieben habe. Denn es war nicht nach 38 Tagen fertig.
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Hanna
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Hanna »

Das ist glaube ich ein Rekord: Nach 38 Tagen ein Kind zu kriegen. :lol: Oder selbst nach gut drei Monaten. Auch ich kann Dir nur dazu gratulieren. Ich wünschte, ich hätte ein Buch so schnell fertig. Aber bei mir dauert das ja manchmal Jahre.
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Kay
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Kay »

Nachdem mir die Idee von Anfang an gut gefallen hat, bin ich eigentlich nicht überrascht, wie schnell es jetzt gegangen ist. :) Und da ich die Entstehung quasi mitverfolgt habe, weiß ich auch, dass es wirklich ein sehr gutes Buch geworden ist. Ein sehr besonderes Buch. Mit einem sehr besonderen Thema.

Auch deshalb, weil Dir das Buch so großen Spaß gemacht hat, ist es so schnell gegangen, würde ich vermuten. Denn es lief ja wirklich wie am Schnürchen, bevor Du Dich dann mit dem Ende gequält hast. Aber das tust Du ja immer. Ich hätte gedacht, bei diesem Buch nicht, weil Du so begeistert warst. Aber das ist dann wohl doch eine grundsätzliche Sache.

Wäre mal interessant, darüber nachzudenken, ob man das irgendwie vermeiden kann, diese Schmerzen am Ende eines Buches. Ob man nicht einfach den Schwung, den man durch das ganze Buch hindurch gehabt hat, mitnehmen kann. Sodass man fast nicht merkt, wenn man "Ende" darunterschreibt. Weil es dann schon vorbei ist.
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AnneW
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von AnneW »

Das kann man vielleicht am ehesten, wenn man das Ende tatsächlich schon kennt, würde ich vermuten. Denn was mich am Ende immer aufhält - oder vor dem Ende - sind diese ganzen Überlegungen, wie ich es jetzt zu Ende gehen lassen soll. Und solange ich das nicht weiß, kann ich das Ende nicht schreiben. Das Ende dann zu schreiben ist gar nicht so mühsam. Die Überlegungen davor sind es.
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Steffi
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Steffi »

Diese Idee mit dem Offenlassen reizt mich jetzt. Das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Ich weiß, Ruth, Du hast das in deinem Artikel mehr so als Notlösung beschrieben – jedenfalls kam es mir so vor –, aber es könnte auch DIE Lösung sein.

Man ist es ja heutzutage auch fast schon gewöhnt. Wenn man irgendeine Netflixserie guckt, gibt es immer einen Kliffhänger statt eine Lösung. Ein Kliffhänger ist aber dann eigentlich ein Versprechen für eine Fortsetzung, kein wirkliches offenes Ende.
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Ruth
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Ruth »

Ja, das stimmt. Die Zeiten haben sich geändert. Ein offenes Ende ist nichts Neues, das gab es schon immer, aber in der Unterhaltungsliteratur und speziell in Liebesromanen muss es eben am Schluss ein Ende geben, das nichts mehr offenlässt. Jedenfalls nichts, was die Liebenden betrifft. Das hat sich eigentlich nicht geändert. Außer man betrachtet das Ganze wie eine Netflix-Serie oder eine Soap.
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Angela
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Angela »

Da muss ich doch jetzt gleich an die Ende gut, alles gut-Geschichten denken. :) Zuerst dachte ich, es ist schön, noch ein richtiges Ende schreiben zu können, obwohl mein Roman ja vorher schon zu Ende war. Aber dann habe ich gemerkt, dass es doch gar nicht so einfach war, wie ich mir das gedacht hatte. Denn wenn man schon einmal Ende unter ein Buch geschrieben hat, ist es im Kopf in gewisser Weise auch beendet. Sogar wenn die Geschichte selbst vielleicht noch relativ offen ist. Dann ist es doch noch einmal wie ein Kind zu kriegen. Oder wie eine Nachgeburt, um im Bild zu bleiben.
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Ruth
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Re: Ein Buch zu schreiben ist wie ein Kind zu kriegen

Beitrag von Ruth »

Ich bin im Moment gerade etwas eingeschränkt, was meine Sehkraft betrifft, denn ich habe mir beide Augen operieren lassen müssen wegen Grauem Star. Deshalb sehe ich im Moment nur sehr verschwommen, kann nicht Autofahren und muss mir die Buchstaben immer sehr groß machen, damit ich sie lesen kann. Ich entschuldige mich dafür, dass ich nicht immer gleich antworte, aber manchmal sehe ich einfach nicht genug, um lesen und schreiben zu können.

Du hast völlig recht, Angela. Wenn man schon einmal Ende unter ein Buch geschrieben hat, muss man fast wie neu anfangen. Das ist manchmal nicht ganz einfach. Deshalb fand ich es sehr bewundernswert, wie ihr drei das für die Ende-gut, alles-gut-Geschichten hingekriegt habt. 👍 Nachgeburt ist glaube ich wirklich ein gutes Bild. 🙂

Es kommt allerdings immer darauf an, wie lange es her ist, dass man das Original geschrieben hat. Ist ja irgendwie logisch. Wenn die Geschichte noch nicht so lange her ist, ist man noch mehr drin. Wenn die Geschichte schon Jahre her ist, und dann versucht man noch ein Ende dazu zu schreiben, dann wird es oft schwierig. Zuerst einmal muss man den ganzen Roman neu lesen, weil man vielleicht selbst nicht mehr so genau weiß, was drinsteht 😉, und zweitens ist man ja oft, wenn man ein Buch schreibt, in einer ganz speziellen Stimmung. Und diese Stimmung kann man manchmal nicht wieder herstellen. Dann unterscheidet sich das Ende zum Schluss vom Rest des Buches. Was aber nicht unbedingt schlecht sein muss.
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